O-weh!

Vor vieeeelen, vieeeelen Monden war ich mal Helferlein bei einer Dummy O. Ich weiß noch, wie ich damals dachte „Wenn ich mal groß bin, will ich das auch!“ Heute bin ich zwar nicht größer als annodunnedings, aber was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?

Nun ist das mit der Dummy O so ne Sache… kann man machen, muss man aber nicht. Brauchen tut man sie nicht, deshalb macht sie auch kaum jemand. Es sei denn, man ist ein Adrenalinjunkie und hat sich das vor Jahren mal in den Kopf gesetzt. Wenns dann noch um die Ecke ist, kann man schonmal melden. Nebenbei noch zwei Trainingskollegen angefixt, damit die Prüfung auch stattfinden kann. Richterin Marianne Walheim. Perfekt! Bis dahin lief alles nach Plan. Die obligatorische Panikattacke am Vortag inklusive. Herrgott-Margot, ob das irgendwann mal aufhört?

Der Prüfungsmorgen begann relativ entspannt. Nicht viel geschlafen, aber ausnahmsweise kein Bedürfnis den Wecker zu schrotten. Die Nervosität schlug erst zu, als ich am Suchenlokal auf den Parkplatz fuhr. Einige nette Schwätzchen später ging´s wieder und wir machten uns auf ins Gelände, wo es auch direkt los ging…

Doppelmarkierung

Startpunkt auf einer weiten Wiese, rechts von uns ein groooooooooßer Sandhaufen (musste ich einzeichnen, den gab´s damals bei Google noch nicht in dem Ausmaß). Zuerst warf Helfer W1 die Markierung M1 hinter die äußere Ecke des Sandhaufens, danach Helfer W2 die Markierung M2 auf die leicht hügelige Wiese. Nach Freigabe sollte M1 zuerst geholt werden, M2 danach selbständig.

Doppelmark

M1 fiel, ich drehte uns um, M2 fiel und ich merkte mir für die Linie ein Häuschen am Horizont. Nach Freigabe drehte ich uns zurück zu M1, konzentrierte Biscuit mit der Hand nach vorne. „Apport“. Anhand der Richtung, die Biscuit einschlug, wusste ich – das wird so nix. Sie lief zu weit links vom Mark in Richtung Helfer. Bevor sie an der Geländekante zum verlockenden Wasser verschwinden konnte, stoppte ich sie. Keksi saß nun 10-15m links vom Mark und ich hätte uns vermutlich einigen Kummer erpart, wenn ich sie mit Suchenpfiff nach rechts geschickt hätte. Stattdessen…

…“Rüber!“ Dadurch semmelte Biscuit natürlich übers Ziel hinaus. Wieder Stopp. Linker Arm. „Rüber!“. Damit hatte ich sie wieder am Punkt von vorher. Grandiose Leistung. Muss mir erstmal einer nachmachen. Stopp. „Rüber“. Keks kämpfte sich nach rechts AUF den Sandhaufen und ich holte sie wieder runter. Stopp. Trockener Kommentar von Marianne „Anke, du bist einfach zu langsam.“ Jo. Läuft bei uns! Ich spürte Hektik aufkommen und schaltete einen Gang zurück. Biscuit saß und ich nahm mir endlich die Zeit, ordentlich die Lage zu peilen. Linker Arm, „Back“, Suchenpfiff, gefunden.

Theoretisch hatte ich bereits genug Adrenalin ausgeschüttet, praktisch war noch M2 übrig. Konzentration. Immer locker durch die Hose atmen. „Apport“. Die Linie hatte ich noch (Häuschen sei Dank), aber von der Tiefe keinen Schimmer. Biscuit lief und lief und lief. Anke gucke und guckte und guckte, bis eine freundliche Stimme aus dem Hintergrund anmerkte „Vieeel zu weit!“. Hier-Pfiff. Biscuit drehte ab und schwenkte auf die Helfer/Geländekante/das Wasser zu. Örghs, so war das nicht gedacht. Nochmal Hier-Pfiff, diesmal zur Unterstützung den linken Arm raus. Die Hilfe kam an und kurz drauf hatte Biscuit gefunden und war auf dem Rückweg.

Was dann folgte, wäre mir in meinen kühnsten Träumen nicht eingefallen. Biscuit kam näher, wurde plötzlich extrem langsam und immer kleiner, bis sie schließlich etwa 10m vor mir das Dummy ablegte und mit eingezogenem Kopf zu mir schlich. WTF?!?!? Ich war vollkommen fassungslos und so überrascht, dass mir die Kinnlade gefühlt bis auf den Boden klappte. Wär ich nicht dabei gewesen – ich würds nicht glauben.

Ich liebe dieses kleine braune Köterchen wirklich über alles, aber in dem Moment hätte ich ihr am liebsten die Löffel langezogen und daraus eine hübsche Schleife gebunden. Allerdings war für diese Art von Umstyling keine Zeit, denn es ging nahtlos weiter…

Einweisen

Kürzeste Aufgabenbeschreibung ever: Das Vollblind lag mittig auf dem Sandhaufen.

Blind

Gut, das konnte so direkt im Anschluss nur in die Buchse gehen. Ich war noch in Schockstarre und Biscuit spürte natürlich, dass ich not amused war. Ich schickte sehr unkonzentriert, zusätzlich zog die alte M1-Fallstelle und das Wasser. Biscuit überhörte meinen Hier-Pfiff und auf eine Einweisediskussion „Not gegen Elend“ konnte ich getrost verzichten. Beine in die Hand genommen, Keks abgeholt, Blind eingesammelt und nix wie in die Wartezone. Erstmal eine Runde Versöhnungsknuddeln, bevor es weiterging…

Walk-Up

Wir waren 4 Starter, davon liefen je 2 links und rechts von Marianne. Zu arbeiten war je Hund ein Mark und ein Blind, Reihenfolge wurde von Marianne vorgegeben. Die Marks fielen vor uns auf die Wiese, die Blinds lagen hinter uns am rechten Ende des Sandhaufens in einem Schlehenbusch. Nachdem das Mark gefallen war, wurde zuerst ein Hund auf das Blind geschickt, danach ein anderer auf das Memory.

WalkUp

Ich hab es schon oft gesagt und auch diesmal: wenn wir NIX können, aber DAS können wir. Obwohl während des Walk-Ups deutlich wurde: irgendetwas stimmt mit Keksi nicht. Sie war nur am hecheln und sobald ein anderer Hund geschickt wurde, legte sie sich ab. Wirklich seltsam. Trotzdem musste ich sie beim Blind nur 1x weiterschicken und das Mark hatte sie auf den Punkt. Zwar mit gedrosselter Geschwindigkeit, aber HEY – beide Dummies schafften es in meine Hände. Da kann man schonmal klatschen, nech?

Anschließend setzten wir um in den Wald, wo noch das letzte Prüfungsfach anstand…

Standtreiben

Kein/e Foto/Grafik, dafür ein kurzer Reim:
6 kleine Treiberlein lärmten durch den Wald,
warfen viele Dummies rum und haben laut geknallt.

Ja, richtig gelesen. Sechs (!) Treiber. Zwei 9mm-Pistolen. Zehn Dummies, wovon zwei wirklich direkt vor der Nase der Hunde landeten. Laubwald mit Totholz. Es traten jeweils zwei Gespanne an, die Hunde wurden auf Anweisung von Marianne abwechselnd in die Suche geschickt (wenn ein Hund gepickt hatte, sofort der andere usw).

Biscuit saß wie angetacktert, betrachtete das Spektakel und sah immer wieder mal zu mir hoch. *Jetzt?*…*Jetzt?*…*Jetzt?*. Nach dem 4. oder 5. Dummy sah sie nur noch mich an. *Sag Bescheid, wenns losgeht*. Da wird die niedrigere Startnummer hatten, durfte Biscuit zuerst. Das Dummy direkt vor ihr hatte sie entweder nicht mitgeschnitten oder als Verleitung deklariert. Wie gewohnt rollte sie das Feld von hinten auf, hatte aber schnell gefunden.

Während Biscuit sich zurückmühte (das Suchengebiet war leicht abschüssig), bekam Claudi ihre Freigabe und schickte Emma. Die wiederum pickte in Windeseile das Dummy, was vor Biscuits Pfoten gefallen war. Emma hatte schon längst wieder eingeparkt, als der Keks die Ziellinie überquerte. Ich schickte sie sofort wieder in die Suche, sie ging erneut in die Tiefe, fand… und Emma pickte fix das Dummy, was vor ihre eigenen Pfoten gefallen war. Biscuits angestrengter Blick und Emmas 9xkluger Gesichtsausdruck – das war an Situationskomik nicht zu überbieten und ich musste herzhaft lachen.

Es blieb nicht der letzte Lacher an diesem Tag. Wer Galgenhumor säät, wird freundschaftlich-liebevollen Hohn und Spott ernten…

Nach und nach trudelten die A-ler ein und absolvierten zuerst die Suche, anschließend wurde wieder auf die Wiese umgesetzt. Biscuit und ich genossen das herrliche Wetter und hatten längst unseren Frieden mit dem seltsamen Vormittag gemacht.

Dem Knutschemuggel kann ich eh nicht böse sein…

4

3

Das Leben – vor allem ein Hundeleben – ist zu kurz, um sich allzu lange über eine verpatzte Prüfung zu ärgern. Dies wurde durch die Absage eines A-Starters deutlich, dessen Hund am Vortag leider überfahren wurde…

Farewell, treue Seele

Freilich geht es im Hundesport nicht ohne einen gewissen Ehrgeiz. Aber in erster Linie haben wir unsere Hunde doch, damit Sie uns im Alltag begleiten und uns täglich zum Lächeln zu bringen!? Würden wir für jedes Lächeln einen Euro bekommen, wären wir alle längst Milliardäre. Genießt es!

2

Es war ein sehr schöner Prüfungstag! Vielen Dank @ Petra für die Organisation @ Marianne, die fair und pro Hund gerichtet hat @ alle für die nette und lockere Atmosphäre und vor allem @ den Revierinhaber und die vielen fleißigen Helfer!

 

 

 

 

 

Kategorien: Prüfungen/Workingtests | 6 Kommentare

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6 Gedanken zu „O-weh!

  1. Frauke

    Ankeeee!!!!! Du hast mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen. Sehr schön deine Beschreibung, wie der Keks sich hat wieder was einfallen lassen, damit dir bloß nicht langweilig wird…. aber egal, was sie auch anstellen um uns zu überraschen, sie bleiben doch die besten Hunde der Welt! Dicken Drücker an dich und Knutscher an den Keks – oder lieber andersrum…….;-)

    • Natürlich sind sie die ALLERbesten ♥
      Ich hab mal den Knuddler und den Knutsch an den Keks weitergereicht,
      sie hat es mehr verdient als ich 😉

  2. Barbara

    Liebe Anke,
    auch wenn wir uns leider nicht persönlich kennen – wir würden uns auf Anhieb verstehen :-). Ich liebe deinen Humor und habe mir vorgenommen an dich und deinen Hund zu denken, wenn meine Wundertüte auch mal wieder so grandios arbeitet, wie du es beschreibst :-).
    Liebe Grüße
    Barbara mit Alec

    • Hihi, danke! Der Keks und ich als „Vorbild“, herrlich 😉
      Vielleicht laufen wir uns ja irgendwann mal über den Weg, würde mich freuen!

  3. Liebe Anke
    Ich musste laut lachen als ich deinen Bericht las, einfach köstlich was die Hunde so machen um uns auf Trab zu halten. Finde ich toll, dass du das so locker nehmen kannst. Den schön ist so ein Sieg natürlich schon, aber nicht wichtig im Leben. Meine braune Labi-Dame, die deiner übrigens nicht unähnlich sieht. geht im Training gerne beim Suchenpfiff auf Kötelsuche statt Dummysuche. Was reg ich mich da jeweils auf und dann wird’s nur noch schlimmer.
    Liebe Grüsse
    Martina

    • Dankeschön 😀
      Aufregen bringt nichts – weiß ich aus eigener Erfahrung 😉
      Mein Rezept: Liebevolle Konsequenz, viel Geduld und eine große Portion Selbstironie.
      Und wenn das nix hilft – einen Schnaps *lach*.
      Viel Spaß weiterhin!!!

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